Allgemein, Olivenöl

Olivenernte beendet in den italienischen Marken – Olivenölfest 9. November im bayerischen Erding

Gestern waren wir bei Bruno Amurri, heute bei Tiziano Aleandri, um buchstäblich „Hand anzulegen“ bei der Olivenernte. Beide Bio-Bauern stellen die absolute Ausnahme in den südlichen Marken dar: Ihre Oliven sind gesund, ihr Olivenöl sehr gut, wenn auch vom Ertrag etwas geringer. In Zahlen: Werden normalerweise ca. 15 Prozent Olivenöl erlöst (Extraktionsrate), d. h. 100 kg Oliven ergeben 15 Liter Olivenöl, sind es in diesem Jahr 8 bis höchstens 11 Prozent. Die Folge dieser schlechtesten Ernte aller erinnerten Zeiten: die Preise werden steigen! Es zeichnet sich nämlich ab, dass ganz Italien ein Olivenöl-Problem hat: Auch aus Kampanien und Apulien kommen die Nachrichten einer miserablen Ernte aufgrund der Klimaerwärmung (zu warmer Winter, zu feuchter Sommer) und damit der exorbitanten Olivenfliegen-Ausbreitung.

„Wir haben es dieses Jahr mit der vierten Generation der Olivenfliege zu tun.“, erklärte mir Tiziano heute. Normalerweise sterben die Larven, die in den zu Boden gefallenen Oliven sind, sobald der Boden ca. 3 cm tief einfriert. Dies war letzten Winter nicht der Fall. Hoffen wir also auf strengen Frost – wenigstens einige Tage und Nächte lang!

Eindrucksvoll war die Geruchsprobe, die Tiziano uns heute machen ließ: Ein altes, befreundetes Bauernpaar aus der Nachbarschaft hatte ihn gebeten, ihre Bäume zu ernten und aus ihnen Öl zu pressen. Normalerweise hätte er diese durchweg befallenen Oliven nie geerntet, geschweige denn in seine Ölmühle gelassen. Aber was tut man nicht alles wg. guter Nachbarschaft! Das Ergebnis: ein fürchterlich riechendes Olivenöl, das nicht mehr essbar ist. Aber auch aus wirtschaftlicher Not werden die Bauern es wohl zumindest zum Braten nehmen. „Non commestibile“, nicht genießbar, sagte Tiziano dazu mit angewidertem Gesichtsausdruck.

An dieser Stelle ein kleiner Exkurs zur EU-Klassifizierung von Olivenöl:

A. Olivenöl kaltgepresst (bis 27 Grad), natürlich nur erste Pressung:

1. Natives Olivenöl Extra, auch extra vergine, darf nur 0,8 % freie Fettsäuren enthalten. Unser Olio Piceno liegt meist weit darunter! Enthält alle gesunden Bestandteile wie Polyphenole (entzündungshemmende Stoffe!), Vitamin E etc.

2. Natives Olivenöl, nennt sich auch „feines Olivenöl“ (irreführend!). Der Anteil der freien Fettsäuren darf 2 % nicht überschreiten, leichte Fehler werden toleriert.

3. Gewöhnliches Natives Olivenöl. Freier Säuregehalt von 3,3 %; in der sensorischen Prüfung wurden Fehler festgestellt. Eigentlich ungenießbar.

4. Lampantöl. Nicht für den Verzehr geeignet! Fettsäuregehalt über 3,3 %.

B. Industriell verändertes Olivenöl, evtl. sogar aus zweiter Pressung

5. Raffiniertes Olivenöl. Durch das Raffinieren wird versucht, unerwünschte Schadstoffe aus dem Öl zu entfernen. Geschmack und Vitamine werden ebenfalls eliminiert. Neutral in Geschmack und Aroma. Gesundheitswert: null!

6. Olivenöl, auch „reines Olivenöl“ genannt. Ganz perfide: eine Mischung aus raffiniertem und nativem Olivenöl. Der Säuregehalt der freien Fettsäuren darf 1 % nicht überschreiten, aber das Mischungsverhältnis ist nicht vorgeschrieben. Meistens: 98 % raffiniertes Öl, 2 % natives!

7. Rohes Oliventresteröl. Aus den Rückständen (Trester) wird nach der Pressung mit Lösungsmitteln oder einer zweiten Pressung der letzte Rest Öl gewonnen. Maschinenöl!

8. Raffiniertes Oliventresteröl. Nr. 7 wird nochmals raffiniert, um den Säuregehalt auf 0,3 % zu drücken. Verzehrbar, aber völlig geschmacklos.

9. Oliventresteröl. Wie bei Nr. 6: Mischung aus raffiniertem und rohem Tresteröl, das einen Säuregehalt von maximal 0,1 % haben darf.

Über allem steht: Bio-Olivenöl von nie, wirklich nie chemisch gespritzten Oliven (das tötet auch die Biodiversität des Bodens, die Artenvielfalt der Kleinorganismen), schonend handgeerntet, am selben Tag in die Ölmühle gebracht, in einem Zwei-Phasen-Dekanter-System gepresst. Man riecht es (fruchtige Noten), man schmeckt es (Bitterkeit und Schärfe, Aromen). 

Die beste Gelegenheit zur Verkostung von vier verschiedenen Bio-Olivenölen extra vergine (und mehr) für alle, die in der Nähe von München wohnen: Unser Olivenöl-Fest am 9. November von 12 bis 17 Uhr auf Schloss Aufhausen bei Erding, S-Bahnstation Aufhausen. 

Und hier einige Impressionen von unseren letzten beiden Erntetagen:

Allgemein, Olivenöl

Glückliche Ernte im Hinterland – Olivenölfest am 9. November gesichert!

Wir sind wieder in unserem Zweitdomizil in den Marken zur Olivenernte. Aber, oh Schock: All unsere Oliven sind von der vermaledeiten Olivenfliege dahingerafft! Entweder sind sie schon abgefallen von unseren 35 Bäumen oder hängen verschrumpelt an den Ästen. Also war all unser Bemühen umsonst! Unser Bio-Mittel hat versagt. Hektische Nachfrage bei unserem Bio-Nachbarbauern Tony: Auch er ist betroffen, hat schon sehr früh Anfang Oktober geerntet, um überhaupt noch etwas zu retten, und entsprechend nur 10 Prozent (normal sind 15 Prozent!) erlöst. Oh je. Der feuchte Sommer und unsere Nähe zum Meer sind absolute Nährboden für die Olivenfruchtfliege, deren verpuppte Nachkommen hoffentlich in einem strengen Frost-Winter das Zeitliche segnen werden.

Sie sind schon überreif, weil schwarz, aber leider bei näherem Hinsehen verschrumpelt!
Sie sind schon überreif, weil schwarz, aber leider bei näherem Hinsehen verschrumpelt!

Entwarnung kommt aus dem Hinterland. Zuerst von Bruno Amurri: Er hat keine Einbußen erlitten, hat vielmehr erfolgreich gegen die Olivenfliege gekämpft. Oh, Jubel! Er hat mit seinen Arbeitern schon mit der Ernte begonnen. Wir können also gern kommen, um zu helfen – und natürlich um Olivenöl von ihm zu kaufen. Denn wir haben schon für rund 50 Liter Vorbestellungen, und gerade das Olivenöl von Bruno Amurri kommt sehr gut an. Wir verbrauchen hier in unserer Casa Cedri gerade die allerletzte Flasche vom letztjährigen Olivenöl und es riecht und schmeckt immer noch fruchtig mit leichten Schärfe- und Bitternoten, den absoluten Qualitätskriterien!

Knallblauer Himmel bei rund 20 Grad - ideal zum Ernten.
Knallblauer Himmel bei rund 20 Grad – ideal zum Ernten.

Die zweite Entwarnung kam heute von Tiziano Aleandri: Er beginnt erst jetzt mit seiner Ernte, alle Bäume seien prima in Schuss, wir können gern nächste Woche vorbeikommen zum Helfen. Natürlich bringen wir ihm dann auch unsere 50-Liter-Kanister zum Füllen mit. Tiziano lässt sein Olivenöl nach einer ersten Filterung normalerweise 20 bis 30 Tage stehen, um es danach umzuschütten und den sich bildenden Satz der Schwebstoffe zu entsorgen. Diese würden die Qualität des Olivenöls nämlich in einigen weiteren Wochen mindern, da die Naturstoffe aus dem Fruchtfleisch den Fermentationsprozess in Gang setzen. Damit unserem Olivenöl, das wir am 3. November mit nach Bayern nehmen wollen, dies nicht passiert, wird Tizian kurz vor unserer Abfahrt ein zweites Mal filtern.

Inzwischen kümmern wir uns auf unserem Grundstück um einen überwucherten Olivenbaum. Die oben stehenden Fotos zeigen: Giacomo und sein Vater Pietro ernten 2010 die Oliven von diesem Solitär-Baum, links. 2014 sieht man, was passiert, wenn man einen Olivenbaum an einer nicht gepflegten Stelle der Natur überlässt: Er ist total von Brombeersträuchern und sich an dessen Ästen festkrallenden Schlingpflanzen überwuchert! Mein lieber Mann Michael ist dem zu Leibe gerückt und hat dabei wieder einmal erleben müssen, wie stachlige Brombeeren sich wehren: Mit blutenden Wunden hat er erst einmal kapituliert. Morgen ist auch noch ein Tag…

Riviera delle Palme in Grottammare mit intakten Phönixpalmen
Riviera delle Palme in Grottammare mit intakten Phönixpalmen

Ansonsten gedeiht mein Olivenöl-Buch, das im März 2015 im Münchner Dort-Hagenhausen-Verlag erscheinen soll. Mein Herausgeber ist zufrieden und gibt gute Tipps für die letzten kulturhistorisch-unterhaltsamen Texte, die ich hier in Italien bis Ende Oktober schreiben werde. Arbeitstitel: „Die Liebe zu den Oliven“. Die habe ich tatsächlich. Denn unser eigenes Oliven-Desaster hat mich ganz schön deprimiert. Es zeigt einmal mehr die Auswirkungen des Klimawandels und die Zunahme von Schädlingen. Auch unsere Phönix-Palme wird dieser Tage gegen den gemeinen Roten Palmen-Rüsselkäfer erneut geimpft. Dieser aus Asien eingewanderte „Mistkäfer“ hat ja schon ganze Palmenabschnitte an unserer Riviera delle Palme (s. Foto oben) und in Rom vernichtet. Ein schauerliches Bild bieten die Stümpfe ohne Palmwedel. Und der Mensch ist weitgehend machtlos. Da die Palme ja kein Lebensmittel ist, wäre ich hier ausnahmsweise mal für die Chemiekeule. Aber selbst das verspricht keine 100-prozentige Wirkung.

Wie zeigt doch unser überwucherter Olivenbaum: Die Natur ist stärker als wir! Würden wir Menschlein die Erde verlassen, wären sämtliche Städte in spätestens 100 Jahren von der Natur zurückerobert, so steht es in einem lesenswerten Gedankenexperiment des PM-Magazins.

Fazit: Freuen wir uns, dass uns die Natur weiterhin mit Früchten beschenkt, aus denen wir, wie im Falle der Oliven, ein wundervolles Genussmittel machen können. Wir sind jedenfalls gespannt auf das Olivenöl 2014 und auf viele Gäste bei unserem Olivenöl-Fest am 9. November auf Schloss Aufhausen bei Erding!