Nun ist es amtlich: Auch der „Spiegel“ hat in seiner aktuellen Ausgabe (48/2014, S. 82) darüber berichtet, was die schlechte Olivenernte in Italien 2015 für Auswirkungen haben wird. „Gepanschtes Gold“ heißt der Artikel über die Gefahr, die dem Verbraucher droht: noch mehr schlechtes Olivenöl in deutschen Supermärkten, abgefüllt und exportiert von Betrügern, die nun die laschen EU-Gesetze noch dreister „interpretieren“. Das ist gut für kleine, ehrliche Produzenten – und für Länder, die aufwachen sollten. Ich denke da an Tunesien, das ein sehr gutes Olivenöl produziert, aber lediglich als anonymer und billiger Zulieferer für Großabfüller dient. Da fehlt es einfach am professionellen Marketing für Bio-Olivenöl.
Glücklich diejenigen, die jemanden kennen, der sein Olivenöl ehrlich produziert. Ein bisschen leisten wir da inzwischen auch Aufklärungsarbeit. So sage ich Freunden, die von „ihrem“ griechischen oder spanischen oder portugiesischen oder französischen Olivenöl schwärmen, sie sollten doch mal nachfragen, wie das Olivenöl produziert wird: handgeerntet? – meist Ja; am selben Tag zur Olivenmühle gebracht? – seltener Ja; in modernen, sauerstoffarmen Zentrifugen und nicht in der alten Steinmühle gepresst? – sehr selten Ja. Schade.
Hier noch einmal – auch weil ich gerade für mein Oliven-Buch darüber geschrieben habe (Link zum Oliven-Buch-Flyer) – die Qualitätskriterien beim Probieren: Zuallererst sollte ein fruchtiger, oliviger Geruch in die Nase steigen. Tut er das nicht – Finger weg! Beim „im Mund-bewegen“ wie beim Wein muss eine leichte Bitterkeit zu schmecken sein, dazu für Kenner weitere Aromen von Früchten oder Kräutern. Das Bittere wird beim Kosten mit Weißmehl, das im Kontakt mit Speichel in Zucker umgewandelt wird, deutlich milder bis süßer. Daher: Am besten Olivenöl in einem kleinen Glas probieren, nicht mit Brot! Und beim Schlucken muss eine Schärfe zu spüren sein. Fruchtigkeit, Bitterkeit und Schärfe sind Qualitätskriterien! Sie garantieren sämtliche Polyphenole, die für die Gesundheitswirkungen von Olivenöl extra vergine zuständig sind. U. a. senkt Olivenöl das „böse“ LDL-Cholesterin, stärkt das Herz, lindert Herzrhythmusstörungen, senkt den Blutdruck, wirkt entzündungshemmend, ist stoffwechselfördernd etc.
Die gleichen Wirkungen hat übrigens auch Olivenblättertee, den wir selbst herstellen, und der gerade als Weihnachtsgeschenk ideal ist. Wir haben noch einen Sack getrockneter Olivenblätter, die wir bei Anfragen frisch häckseln und portionieren. Die nächsten Olivenblätter werden wir erst wieder nach dem Baumschnitt im Frühjahr haben. Ebenso gesund und lecker gleichzeitig: der Aceto Balsamico Tradizionale della famiglia Pagani aus Modena (aus reinem Traubenmost ohne Zusatz von Weinessig!), den wir gern auch im Duett-Geschenk-Set anbieten.
Für Freunde der Schärfe haben wir von unserem Nachbarn, dem Peperoncino-aficionado Tony, kleine, höllisch scharfe „Hot Lemon“ oder „Cayenne„-Olivenöle und von einem anderen Bauern ein Peperoncino-Öl, das er in der allerletzten Pressung direkt in der Ölmühle herstellt, indem die kleinen scharfen Paprika-Stücke dort mit dem Olivenbrei zusammen vermengt werden. Das Öl hat eine schöne orange-rote Farbe und sollte sparsam zum Würzen verwendet werden.
Apropos Würzen: Wir waren auf der Food & Life-Schau innerhalb der Münchner Messe „Heim & Handwerk“ und haben etliche Olivenöle verkostet, u. a. auch aromatisierte Öle (mit Limone, Orange, Rosmarin, Bergamotte, Knoblauch). Interessant, aber nicht so unbedingt überzeugend. Das kann man auch selber in einer Vinaigrette zusammenmixen mit exzellentem Olivenöl als Basis. Interessanter für die Küche sind da schon die Pestos mit Basilikum, Pinienkernen und Knoblauch. Dank des Olivenöls halten die sich gekühlt sehr lange und sind sehr ergiebig.
Unsere persönliche Neu-Entdeckung ist Chimichurri, erst gestern in einem Münchner Steak-Restaurant zum Rinderfilet gereicht: Diese Soße stammt aus Argentinien bzw. ursprünglich wahrscheinlich aus Spanien oder wurde einst von den italienischen Pestos abgeleitet. Auch hier ist Olivenöl die Basis für viele gehackte Kräuter und Zutaten wie Petersilie, Thymian, Oregano, Lorbeer, Zwiebeln, Salz und schwarzer Pfeffer. Das alles wird im Mörser fein zerstoßen, mit Olivenöl und Essig vermischt und zwei Wochen zum Ziehen in einem Glas an einem kühlen Ort stehen gelassen. Dann über Fleisch träufeln – herrlich! Und dazu die Geschichte erzählen, woher der komische Name kommt: Es könnte sich laut Wikipedia um die spanische Verballhornung des englischen Satzes „Give me the curry“ – „Gib` mir die Soße“ handeln. In diesem Sinne: Über ein gutes Olivenöl als Weihnachtsgeschenk freuen sich Genießer garantiert!